Natur- und Kulturraum Wienerwald
Eine Landschaft mit vielen Gesichtern
Der Wienerwald erstreckt sich westlich bis südwestlich der Stadt Wien und liegt damit in den Bundesländern Wien und Niederösterreich. Begrenzt wird er im Osten vom Wiener Becken, im Süden vom Triesting- und Gölsental, im Westen von der Traisen und der Großen Tulln und im Norden vom Tullnerfeld und der Donau. Er stellt mit den als „Kahlengebirge“ bezeichneten Bergen rund um den Kahlen- und Leopoldsberg das östliche Ende des Alpenbogens dar.
Geologisch gesehen, wird er in den „Kalkstein-Wienerwald“ und den „Sandstein-Wienerwald“ unterteilt. Die Grenze zwischen den beiden unterschiedlichen Landschaften bildet die Linie Altenmarkt/Triesting - Alland - Kaltenleutgeben - Kalksburg - Mauer/Wien.
Im Kalkstein-Wienerwald südlich von Wien gehen die Ausläufer der Nördlichen Kalkalpen in das Wiener Becken über. Steil zerklüftete Kalk- und Dolomitfelsen, sowie scharf eingeschnittene Täler mit Felswänden prägen das Landschaftsbild (z.B. die Brühl bei Mödling). Auf Grund der leichten Lösbarkeit des Kalkes können die Niederschläge gut in den Untergrund eindringen. Die Böden bleiben trocken und seichtgründig, wobei insbesondere die Schwarzföhre mit den Standortbedingungen gut zurechtkommt.
Der nördlich der Grenzlinie gelegene Sandstein-Wienerwald ist wesentlich größer und erstreckt sich auf etwa 4/5 der gesamten Fläche. Seine Geländeformen sind weich und abgerundet, natürliche Felsbildungen kommen kaum vor. Die schweren und tiefgründigen Böden tendieren vielfach zu Staunässe. Durchfeuchtete Bodenstellen und Hangrutsche sind keine Seltenheit. Eine besondere und für die Region typische Geländeform sind die Tobel, das sind ein bis mehrere Meter tiefe Gräben mit v-förmigem Profil. Die Wälder des Flysch-Wienerwaldes sind Laubwälder, oft reine Buchenwälder, mit geraden hohen silbergrauen Stämmen und hallenförmigem Waldinneren. Auch Hainbuchen prägen das Landschaftsbild. An den wesentlich trockeneren und bereits dem pannonischen Klima zugehörigen Südosthängen Richtung Wien (z.B. Gallitzinberg in Ottakring) findet man Eichenwälder. Eine Besonderheit stellen die „Gipfel-Eschenwälder“ (z.B. Hermannskogel) vieler nordexponierter Hänge dar.
Der zentrale Teil des Wienerwaldes ist geprägt von ausgedehnten Wiesenlandschaften. Das geologische Bruchsystem am Ostabfall der Kalkalpen zum Wiener Becken hin, die so genannte Thermenlinie, verläuft von Bad Fischau über Bad Vöslau, Baden und Mödling bis in das Wiener Stadtgebiet. Ihr sind die Thermalbäder im Raum Baden und in Oberlaa zu verdanken.
Neben der Betrachtung von Wald und Wiese darf aber auch der Weinbau nicht vergessen werden, der an den warmen Hängen des Wienerwaldes seit rund 1000 Jahren kultiviert wird. Mitte des 13. Jahrhunderts erreichte der Weinbau in Wien seinen Höhepunkt. Die ganze Stadt war praktisch von Weingärten umgeben. Auch in den inneren Bezirken, also innerhalb des heutigen Gürtels, wurde eifrig kultiviert. Die besten Weinlagen waren in der Hand von Klöstern, so auch in jener von Klosterneuburg. Seit seiner Gründung im Jahr 1114 betreibt das Stift Klosterneuburg Weinbau und ist damit das älteste Weingut Österreichs. Der Ostrand der Alpen und somit auch des Wienerwaldes ist von Bad Vöslau bis Perchtoldsdorf bei Wien praktisch eine einzige Weinanbaufläche.