ÖTK Klosterneuburg

Abenteuer Berg - Erlebe die Berge

Schleier, Fürst und Konstabler: Klosterneuburg – Leopoldsberg – Klosterneuburg

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Der hier beschriebene Rundweg führt direkt in das Epizentrum der österreichischen Kulturgeschichte. Zu dicht sind hier die historischen Daten und Fakten entlang des Weges platziert, um sie alle aufzählen zu können. Es soll daher neben der Beschreibung der Wanderroute vor allem auf die Weggeschichte eingegangen werden, die ebenfalls viel Interessantes zu bieten hat.

 

Der grün markierte Wanderweg auf den Kahlenberg (484 m) beginnt beim Bahnhof Klosterneuburg-Weidling. Fernab des Straßenverkehrs, führt die grüne Markierung ein kurzes Stück durch die Schömergasse, folgt 400 m dem Lauf des Weidlingbaches und trifft dann auf die große Straßenkreuzung bei der Agnesbrücke. Hier wendet man sich nach links und überquert die Weidlinger Straße. An dieser Stelle beginnen sowohl der gelb markierte Weg auf den Leopoldsberg (Kollersteig), der als Rückweg dienen wird, als auch der grün markierte Weg (Josefsteig), der auf den Kahlenberg führt. Der Josefsteig ist nach der kleinen Ansiedlung am Kahlenberg, die 1784 nach der Aufhebung der Kamaldulensereremitage durch Josef II. (1741-1790) den Namen Josefsdorf erhielt, benannt. Man folgt den Straßenzügen Sachsengasse, Josefsteig und Zwergjoch, die alle zügig bergauf Richtung Elisabethwiese und Kahlenberg (484 m) führen. Im unteren Teil des Siedlungsgebietes trifft man noch auf sehr viele alte Villen mit romantisch gegliederten Fassaden und schönen Dachlandschaften. Im oberen Teil werden die Häuser immer moderner und die Grundstücke immer aussichtsreicher. Der Blick zurück auf Klosterneuburg mit seinem Stift ist immer wieder lohnend. Bis auf 350 Höhenmeter erstreckt sich bereits der Siedlungsbereich, dann beginnt ein unbefestigter Fahrweg durch den Wald. Der grün markierte Josefsteig biegt nun rechts ab und erreicht nach 400 m bei der Elisabethwiese die Wiener Höhenstraße. Hier befinden sich die Gastwirtschaft Josefinenhütte und der Waldseilpark Kahlenberg. Von hier wären es noch 10 Minuten bis zur großen Kahlenbergterrasse. Der hier beschriebene Rundweg meidet aber das touristische Geschehen, überquert nicht die Höhenstraße, sondern benützt den links neben dem Parkplatz beginnenden blau markierten Waldweg.

Vom Beginn der blauen Markierung sind es nur knapp 100 m bis zur Bergstation der Drahtseilbahn auf den Leopoldsberg. Allerdings, diese von der Donau heraufführende Standseilbahn existiert schon lange nicht mehr. Ihr Betrieb wurde bereits 1876 eingestellt. Geblieben sind nur noch ein tiefer und breiter, geradliniger Hangeinschnitt, der fast bis zur Elisabethwiese heraufführt, eine kleine eingeebnete Waldfläche, der ehemalige Standort der Bergstation und ein blau markierter Promenadenweg. Er wurde für die nach 5 ½ Minuten Bahnfahrt ankommenden Fahrgäste angelegt, um ihnen einen bequemen Zugang zum Leopoldsberg zu ermöglichen. 

Der noch heute blau markierte Weg ist die etwas längere Alternative zum rot markierten Höhenstraßenbegleitweg auf der anderen Straßenseite. Der Weg besticht durch seine Trassenführung am Höhenrücken des Leopoldsberges, durch seinen alten Baumbestand und durch die sich zwischen den alten Bäumen immer wieder ergebenden Ausblicke auf Klosterneuburg und die Donau. Nach 20 Minuten stößt man schließlich auf den gelb markierten Kollersteig, der wieder zurück nach Klosterneuburg führt. 

 

Bevor man aber den Abstieg antritt, sollte man noch zum 5 Minuten entfernten Leopoldsberg emporsteigen. Ein 1936 im Zuge des Höhenstraßenbaues errichteter Panoramaweg umrundet die ehemalige Burganlage und besticht mit herrlichen Ausblicken auf Klosterneuburg, die Donau, Wien und das Wiener Becken. Schon so mancher Kaiser und viele Wienerwaldautoren des 19. Jahrhunderts waren über diese Aussicht vom Leopoldsberg entzückt. Neben vielen anderen historischen Bezugspunkten ist der Leopoldsberg vor allem für seine Schleierlegende bekannt. Hier soll im Jahr 1105 ein kräftiger Windstoß den Schleier der Markgräfin Agnes (1074-1143) am Tag ihrer Vermählung fortgetragen haben. Der Schleier wurde erst neun Jahre später bei einer Jagd gefunden. Ihr Gemahl, Markgraf Leopold III (1073-1136), ließ an dieser Stelle das Stift Klosterneuburg errichten. 

 

Nach der Umrundung der Anlage geht es nun über den gelb markierten Kollersteig wieder zurück nach Klosterneuburg. Was der Nasenweg für die Wiener, ist der Kollersteig für die Klosterneuburger. Und tatsächlich haben die beiden Wege etwas gemeinsam. Sie wurden noch vor 1800 von Charles Joseph Fürst de Ligne (1735-1814) angelegt. Ligne war nicht nur Feldherr und Diplomat sondern auch Gartenschriftsteller und ein glühender Verfechter des damals neuen, englischen Gartenstils. Anders als Lacy und Cobenzl verzichtete er auf einen eigenen Schlossbau im Wienerwald und richtete sich vielmehr in vorhandene Baulichkeiten am Kahlen- und Leopoldsberg ein. Auch das in dieser Zeit übliche „Gartenmobiliar“ in Form von Tempeln, Obelisken, Ruinen und Grotten fand man nicht auf seinen Gründen. Er „verschönerte“ die Natur lediglich durch romantische Weganlagen. Zu den Wegbauten Lignes gehörten nicht nur der Vorläufer des 1877 vom Österreichischen Touristenklub ausgebauten Nasenweges, sondern auch der Kollersteig. Der Weg von seinem Refugium am Leopoldsberg nach Klosterneuburg wurde von Ligne neu angelegt und mit Ruhebänken, Stufen und Geländern versehen. Man bezeichnete ihn später als „Klosterneuburger Steig“.

Aus dem „Klosterneuburger Steig“ wurde im Lauf der Zeit der „Bründelweg“, benannt nach dem alten, im oberen Drittel des Weges gelegenen, hangseitigen Bründl. Diese halbkreisförmig in Stein gefasste kleine Quelle wird in der Wienerwaldliteratur des 19. Jahrhunderts immer wieder erwähnt und entwickelte sich zu einer Art „Markenzeichen“ dieses Weges. Das Bründl gibt es heute noch. Es führt aber kaum noch Wasser und die Steineinfassung ist in einem sehr schlechten Zustand. 

Die üblich gewordene Bezeichnung „Bründelweg“ war in weiterer Folge auch namensgebend für die „Bründelwegbrücke“, ein Fußgängersteg, der über die bereits erwähnte, breite und tief eingeschnittene, zweigleisige Eisenbahntrasse der „Drahtseilbahn auf den Leopoldsberg“ führte. Der Wanderweg auf den Leopoldsberg querte genau auf halber Länge der Bahn, sodass, sich die gleichzeitig auf- und abwärts fahrenden Doppelstockwaggons unter der Brücke begegneten. Dieses Bahnschauspiel konnte man erste Reihe fußfrei aus der Vogelperspektive von der Brücke aus mitverfolgen. Allerdings war die Bergbahn nur drei Jahre in Betrieb, dann musste sie wegen Unrentabilität geschlossen werden. Die Konzession erlosch am 28. August 1876. Ein halbes Jahr später, am 31.1.1877 erhielt der Weg durch die Gemeinde Klosterneuburg seinen heutigen Namen „Kollersteig“.

 

Doch damit ist die Weggeschichte noch nicht zu Ende, es bleibt noch zu klären, woher der Kollersteig seinen Namen bezieht: Der Steig wurde nach Johann Georg Koller, Konstabler und Musterschreiber zur Zeit der zweiten Türkenbelagerung benannt. Koller hat im September 1683 Klosterneuburg gegen die angreifenden Türken erfolgreich verteidigt. Ein Konstabler war damals ein Geschützmeister, ein Kriegshandwerker, der auch für schwere Festungs- und Belagerungsartillerie Rohre und Geschoße herstellte. Er war somit mit dem Abfeuern von Kanonenmunition bestens vertraut. Koller erhielt daher anlässlich des Eintreffens des Entsatzheeres in Tulln bzw. in Klosterneuburg den Auftrag, sich auf den Kahlenberg zu begeben und durch Abfeuern von Raketen den besetzten Wienern die nahende Rettung anzuzeigen. Anderen Berichten zu Folge wurde er auf den Hermannskogel geschickt.

Vielleicht hat man den Kostabel Koller weder auf den Kahlenberg noch auf den Hermannskogel geschickt, sondern auf den Leopoldsberg. Denn der heutige Leopoldsberg hieß früher Kahlenberg. Und seine Umbenennung erfolgte erst zehn Jahre nach der Zweiten Türkenbelagerung. Tatsächlich könnte er doch zur Burg auf den Leopoldsberg hinaufgeschlichen sein, auf einem kleinen Pfad, den der Fürst de Ligne 120 Jahre später ausbauen ließ und den man dann 200 Jahre später den „Kollersteig“ nannte.

 

Heute ist der Kollersteig nur mehr in seiner oberen Hälfte ein Waldweg. In der unteren Hälfte führt er durch das am Nordhang des Leopoldsberges gelegene Siedlungsgebiet von Klosterneuburg. Stetig fallend, bietet der Weg aber auch hier immer wieder schöne Ausblicke auf die Stadt und die Donau. Der gelb markierte Kollersteig endet bei der Agnesbrücke. Von hier sind es nur mehr wenige Minuten zurück bis zum Ausgangspunkt beim Bahnhof Klosterneuburg-Weidling.

 

Wie man sieht, hat der Kollersteig eine lange Geschichte. Ein Aspekt blieb bis jetzt aber noch unbeachtet. Der geradlinig nach Nordwesten verlaufende Weg ist die am Abhang des Leopoldsberges nachmarkierte Flugroute des Schleiers der Markgräfin Agnes. Um die Geschichte auch physisch zu Ende zu bringen, wäre es fast schon zwingend notwendig, auch jenen Ort zu besuchen, wo der Schleier nach seinem 3,6 Kilometer langen Flug niedergegangen ist – das Stift Klosterneuburg.

Das Herzstück der Klosteranlage, die ursprünglich romanische Stiftskirche, veränderte im Lauf der Jahrhunderte ihr Aussehen durch mehrere Umbau- und Renovierungsphasen erheblich. Ihr heutiges Erscheinungsbild erhielt sie am Ende des 19. Jahrhunderts. Die augenscheinlichste Veränderung war wohl der Um- bzw. Neubau der beiden Kirchtürme. Die Pläne für diesen Umbau stammten vom Dombaumeister des Wiener Stephansdoms, dem Architekten Friedrich von Schmidt (1825-1891). Schmidt, der den Wienern vor allem als der Schöpfer des Wiener Rathauses bekannt ist, war ein prominenter Vertreter des Historismus, insbesondere der gotischen Formensprache. Er wohnte zuletzt in Dornbach in der Andergasse an der roten Markierung hinauf zur Kreuzeichenwiese. Einer seiner namhaftesten Schüler war der Architekt Franz von Neumann jun. (1844-1905), der von Anfang an maßgeblich in den Wiener Rathausbau involviert war. Neumann war Mitglied des ÖTK und plante die Habsburgwarte auf dem Hermannskogel (542 m). Wen wundert es daher, dass die einst „schönste Warte der Monarchie“ als neogotischer Wehrturm errichtet wurde? 

 

Siehe auch die Wanderempfehlung: Zum höchsten Punkt von Wien

 

Wegtyp: Rundweg

Weglänge: 7 km

Wegzeit: 2 ¼ h

Markierungsfolge: grün – blau - gelb


schleier fuerst und konstabler

 

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