ÖTK Klosterneuburg

Abenteuer Berg - Erlebe die Berge

Schiarena Hameau – Dreimarkstein: Hinterweidling – Hameau – Dreimarkstein – Hinterweidling

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Der hier beschriebene Rundweg läuft auf der Wien abgewandten Seite des Höhenrückens Hameau (464 m) – Dreimarkstein (454 m). Die Wege sind hier nicht so stark frequentiert, wie auf der anderen Seite des Berges. Dennoch kreuzen sich auch hier die 150 Jahre alten Wanderwege des ÖTK mit den Spuren der Wienerwaldgeschichte.

 

Ausgangspunkt ist die nur aus wenigen Häusern bestehende Ansiedlung Hinterweidling, genauer gesagt, die Straßenkreuzung zwischen der Sieveringer Straße und der Steinrieglstraße. Man folgt hier vorerst der roten Markierung auf der Straße Richtung Weidlingbach. Nach einem halben Kilometer erreicht man den Wegknotenpunkt „Weidlingbach/Reitergassl“. Hier biegt man links ab und wandert nun entlang der gelben Markierung, die anfänglich auch von einer grünen Markierung begleitet wird, durch das enge Waldtal mit der Bezeichnung „Reitergassl“. Nach wenigen Minuten, bei einem schmalen Fußgängersteg über den Bach, trifft man erneut auf eine Wegkreuzung. Der gelb markierte Weg führt hier nun rechter Hand weiter auf das Hameau, der grün markierte Weg gerade hinauf bis zur Höhenstraße. Man wendet sich nach rechts, folgt der gelben Markierung, die hier für wenige Meter stark ansteigt und gelangt auf einen kleinen, sehr schmalen und niederen Höhenrücken. Auf seiner Westseite befindet sich das eben durchwanderte Reitergassl mit dem Simonsberg (423 m), auf seiner Ostseite der wenig bekannte Lausgraben und dahinter ansteigend die Norwegerwiese. An jener Stelle, an der das unterste Ende der  Norwegerwiese in den Lausgraben übergeht – Luftlinie 70 m von der gelben Markierung entfernt – befand sich vor 100 Jahren eine kleine Brücke über den Bach. Man nannte diese Stelle „Zum toten Norweger“. Mehr darüber etwas später im Text.

 

Die gelbe Markierung quert nach 150 m eine Forststraße, die vom „Toten Norweger“ herauf kommt und strebt nun, auf einem landschaftlich sehr schönen Bergrücken, immer steiler werdend dem Hameau zu. Leider wurde hier vor einigen Jahren ein Mountainbiketrail angelegt, worunter die Beschaulichkeit dieser Wegstrecke stark leidet. Nach dem letzten Steilhang erreicht man schließlich das Hameau (464 m), eine kleine Wiese mit großer Geschichte. Mehr darüber bei der Wegempfehlung: Das vergessene Dorf.

Nun biegt man nach links auf die rote Markierung ab, die nun fast eben über den Wegknotenpunkt „Zwei Gehängte“ bis zu dem 1 ½ km entfernten Häuserl am Roan führt.

 

Die typische Wienerwaldgaststätte am Dreimarkstein verlockt nicht nur mit einer ausgezeichneten Küche, sie blickt auch auf eine fast hundertjährige Geschichte zurück. Alles begann mit einem kleinen, einfachen Kiosk. Nach den entbehrungsreichen und schmerzlichen Jahren des Ersten Weltkrieges fanden viele im stadtnahen Wienerwald Erholung und Zerstreuung. Sie suchten aber nicht nur das Grün der Wälder sondern auch die kleine Erfrischung bei der nächstgelegenen Gaststätte. Und das war damals gar nicht so schwer, denn diese Labstätten der Wienerwaldgastlichkeit waren dicht gesät. Sie lagen zwischen Sophienalpe (477 m) und Leopoldsberg (425 m) wie auf einer Perlenschnur aufgefädelt. Die Gehzeiten zwischen diesen „Rettungsinseln“ in der Waldlandschaft waren mit durchschnittlich 30 Minuten durchaus moderat. Offensichtlich war die Nachfrage und der Mut der Wirtinnen und Wirte damals groß genug, so dass manche von ihnen den Sprung in die nächste Gastronomieliga wagten und – wenn schon nicht ein Haus – dann zumindest ein Häuserl errichteten. So geschehen im Jahr 1926 beim Häuserl am Stoan und fünf Jahre zuvor beim Häuserl am Roan. 

Während der Name „Häuserl am Stoan“ auf den steinigen Untergrund, den es zu ebnen galt, hinweist, erinnert der Name „Häuserl am Roan“ an den an der Grenze Wien/Niederösterreich gelegenen Bauplatz. Der österreichische Begriff „Roan“ steht für den hochdeutschen Ausdruck „Rain“, ein “unbebauter schmaler Streifen Land als Grenze zwischen zwei Äckern/Fluren“. Diese Grenzsituation traf auch auf den Bauplatz der neuen Gastwirtschaft zu. Oben der Wald, unten die Wiese, dazwischen die Wiener Stadtgrenze. Die Grenze führt seit 1892 vom Hameau kommend am Höhenrücken des Dreimarksteins entlang und umrundet südseitig den Gipfel. Unmittelbar hinter diesem Grenzrain errichtete die Wirtin Leopoldine Svetly 1921 auf niederösterreichischem Boden ihr kleines, neues Lokal. Seither steht hier das Häuserl „am Roan“.

 

Die Gaststätte war nicht nur im Sommer ein gern besuchter Ausflugsort. Sie entwickelte sich auch, dank der großen Wiese vor dem Haus, zu einem beliebten „Wintersportzentrum“ am Stadtrand von Wien. Das großflächige Ölbild im Kaminstüberl lässt die Beschaulichkeit des Wintersports der 1930er Jahre gut nachfühlen. Wer aber glaubt, auf diesem Ölbild die Anfänge des Schisports zu sehen, der irrt gewaltig. Denn diese reichen bis in die 1890er Jahre zurück, wobei Wien und dem Wienerwald dabei eine herausragende Pionierrolle zukam. Hier wurden die ersten Schivereine bereits 1891/92 gegründet, im Westen Österreichs erst um 1900. Um den neuen Sport bekannt zu machen, wurden norwegische Schilehrer nach Wien eingeladen. Sie zeigten den Wienern die Schitechnik des Nordens und fungierten als sportliche Vorbilder. Bereits 1894 veranstaltete der Österreichische Schiverein in Pötzleinsdorf einen internationalen Schneeschuhwettlauf, wobei „Schneeschuh“ damals für „Schi“ stand. Ein Jahr später, am 24. Februar 1895,  wurden hier die ersten internationalen Skiwettfahrten ausgetragen, die dann abermals ein Jahr später am 5. und 6. Jänner 1896 in Pötzleinsdorf wiederholt wurden. Die Veranstaltungen waren ein Riesenerfolg und wurden als Geburtsfest des Wiener Schisports bezeichnet, was sie auch tatsächlich waren. Sie fanden am Schiübungsplatz in Pötzleinsdorf statt, wo sich auch Start, Ziel und hunderte Zuschauer befanden. Diese Übungswiese lag nördlich der Pötzleinsdorfer Straße am Abhang des Michaelerberges, etwa oberhalb der heutigen Hausnummer 194. Es wurde aber nicht nur „um die Wette gelaufen“, es gab auch zwei Schisprungbewerbe. Die größte Sprungweite betrug 15 Meter. Fast schon müßig zu erwähnen, dass die Norweger gewannen, die Wiener hatte es in den Schnee gesteckt.

Für die Betrachtung des Schisports im stadtnahen Wienerwald war aber das „Ski-Derby“ am zweiten Tag von besonderer Bedeutung. Das Rennen wurde über eine Distanz von 14,2 km gelaufen, 10 Teilnehmer waren am Start. Beste Zeit: Carl Roll, Norwegen, 1:02:30.
Die Strecke verlief aus heutiger Sicht wie folgt:

Pötzleinsdorf/Übungswiese – Wiese des Kindergartens Pötzleinsdorfer Straße 230 – KLG Michaelerwiese – Artariastraße – Höhenstraße – Quellengraben – Hügelwiese/Quellenweg – Waldandacht – Hameau – Norwegerwiese – Lausgraben  – Einsattelung zwischen Simonsberg und Dreimarkstein – Schulmeisterwiese (heute aufgeforstet) – Schützengraben – Rohrerwiese – Dreimarkstein – Zwei Gehängte – Salmannsdorf/AIS – Sommerhaidenweg – Michaelerberg/Ost – Wasserturm – Pötzleinsdorf/Übungswiese


plan ski derby 1896

Die Wiener waren vom neuen Sport begeistert und die damals nur auf den Sommer ausgerichtete Fremdenverkehrswirtschaft hatte eine große Marktlücke entdeckt – den Wintertourismus. Geübt wurde ab nun auf allen Wiesen im stadtnahen Wienerwald, vom Himmelhof in Hütteldorf/Hacking bis zum Kobenzl, wo es auch eine Schisprungschanze gab. Die Begeisterung für den Wintersport endete aber nicht an der Stadtgrenze. Bereits 1912 waren im Wienerwald die Orte Klosterneuburg, Greifenstein, St. Andrä, Weidlingau, Purkersdorf, Pressbaum, Pfalzau, Rekawinkel, Liesing, Kaltenleutgeben, Mödling, Baden, Vöslau, Weißenbach und Kaumberg vom Landesverband für Fremdenverkehr als anerkannte Wintersportplätze ausgewiesen worden. Noch weiter „draußen“ entwickelten sich die Orte Mürzzuschlag, Semmering, Lilienfeld und Mariazell zum „Mekka“ des neuen Schisports. Der erste Weltkrieg (1914-1918) und die Jahre danach brachten einen starken Einbruch. Aber dann ging es wieder steil bergauf. Am 30. Dezember 1923 war Pötzleinsdorf wieder der Schauplatz eines groß angelegten Schirennens im Wienerwald. Auch diesmal wurde die Strecke wieder über das Hameau und den Dreimarkstein geführt.

Den stärksten Zulauf und auch die meisten Unfälle gab es auf den Wiener Übungswiesen in den 1920er und 1930er Jahren, wo an schönen Wochenenden bis zu 50.000 WienerInnen in den stadtnahen Wienerwald strömten. Der Kobenzl, der Dreimarkstein und die Norwegerwiese nördlich des Hameaus waren die Hotspots. Freiwillige Rettungsdienste, mit langen, dunklen Lodenmänteln und Autorität einflößenden Kappen wurden an den schönen Wochenenden bei den Übungswiesen positioniert und hatten alle Hände voll zu tun.

Eine der beliebtesten Schiwiesen war die Neu- oder auch Klosterneuwiese. Die rund 400 m lange und 150 m breite Wiese lag und liegt am Nordhang des Hameaus. Hier führte auch das 1895 erstmals veranstalte Ski-Derby durch. Im Gegensatz zu den anderen Schiübungswiesen des Wienerwaldes wird die Wiese am unteren Ende nicht flacher sondern steiler, mündet in einen steilen Waldweg, der kurz darauf im rechten Winkel über eine schmale, geländerlose Holzbrücke und einen tiefen Bachgraben weitergeführt wurde. Bei der Durchquerung dieser Passage stürzten sogar die besten norwegischen Teilnehmer, weshalb die Stelle „Zum toten Norweger“ genannt wurde. Allmählich wurde – abgeleitet von dieser Episode – aus der „Neuwiese“ bzw. „Klosterneuwiese“ die Wiese „Zum toten Norweger“ und in weiterer Folge die „Norwegerwiese“. Wie es den norwegischen Teilnehmern dort 1896 tatsächlich erging, darüber wurde erst 1935 im Wiener Sportblatt berichtet.

Die Rundkurse der Schirennnen wurden auch später in den 1920er und 1930er Jahren über das Hameau, die Norwegerwiese und den Dreimarkstein geführt. Und tausende Wiener tummelten sich auf den Schiübungswiesen oder unternahmen „Skifahrten“ im Wienerwald, von einer Straßenbahnendstelle zur anderen.

1936 war es mit der Beschaulichkeit am Dreimarkstein vorerst einmal vorbei. Die Wiesenkuppe vor dem Haus wurde abgegraben und zu einem großen Parkplatz eingeebnet. Die neue Höhenstraße zog nun ihre lange Spur durch den Wald und veränderte die Landschaft nachhaltig. 1937 erreichten die ersten Automobile das mittlerweile herangewachsene Häuserl. Ein behördlich befugter Wagenrufer wies die vielen Limousinen am Parkplatz ein und öffnete gegen Trinkgeld die Wagentüre. Schifahren konnte man jetzt nur mehr auf der Wiese unterhalb der Höhenstraße. Wer sich in der Gaststube aufwärmen wollte, konnte seine „Bretteln“ aber bei der bewachten Schigarderobe vor dem Lokal abgeben. Auch eine Rettungsstelle für verunglückte Schifahrer und eine Schischule gab es hier. 

 

Die Winter waren damals zweifelsohne noch kälter und schneereicher und die Menschen noch nicht so mobil. Auch wenn in den letzten Jahrzehnten der Schnee immer weniger wurde, so ist doch auch heute noch eine andere, winterliche Wettererscheinung am Dreimarkstein jedes Jahr zu beobachten: der Raureif.

Die Gegend rund um das Häuserl am Roan ist bei leichten Minusgraden und hoher Luftfeuchtigkeit/niederer Nebeldecke prädestiniert für dieses Wetterphänomen. Für manche mag dieses winterliche Naturschauspiel durchaus ein würdiger Ersatz für Pulverschnee und Sonnenschein sein. Und wenn es im Winter doch einmal wieder ausreichend Schnee gibt, dann trifft man hier nur mehr Bobfahrer im ungestümen Alter zwischen zwei und zehn Jahren.

 

Doch nun wieder zurück auf den Wanderweg. Beim Häuserl am Roan beginnt die blaue Markierung, die hinunter zur Rohrerwiese und zum Grüass’ di a Gott Wirt führt. Das Gasthaus und die Sieveringer Straße bereits vor Augen, biegt man nach links – ebenfalls blau markiert – in den Schützengraben ab. Zuerst eine kurze Wiesenpassage querend, geht es zügig und immer leicht fallend durch den tiefen Waldgraben Richtung Hinterweidling. Zweimal muss noch der Bach ohne Brücke übersetzt werden, ehe man wieder den Ausgangspunkt erreicht.

 

Siehe auch die Wanderempfehlungen: Zwischen Häuserl am Roan und Häuserl am Stoan und Das vergessene Dorf

 

Wegtyp: Rundweg

Weglänge: 6,3 km

Wegzeit: 2 h

Markierungsfolge: rot – gelb – rot – blau 

 

schiarena hameau

 

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